Innenweltkosmos

Geodäsie


Wie kann man genau bestimmen, an welchem Ort auf der Erde man sich bfindet?




Diese Frage ist besonders wichtig für Seefahrer, die die Position ihres Schiffes auf dem Meer feststellen wollen. Die Abbildung 09 zeigt das Prinzip, wie man mit Hilfe einer solchen geometrischen Zeichnung den Breitengrad über die Winkelmessung ablesen
kann. Dies ist mit Hilfe der Geraden am Kreis ganz einfach. Niemand würde hier mit gekrümmten Lichtstrahlen rechnen wollen. In diesem Falle ist, wie so oft, das mathema-tische Modell erfolgreicher als die Wirklichkeit mit ihren Krümmungen.


Worauf es wirklich bei der Kartographie ankam, waren die richtigen Entfernungs-, Größen- und Höhenangaben. Diese Probleme wurden durch die Anwendung der Triangulation gelöst. Es begann damit, dass im 16. Jahrhundert der französische Arzt J.Vernel einen Versuch zur ersten Gradmessung unternahm. Er fuhr mit seinem Wagen eine voraus bestimmte Strecke und zählte die Radumdrehungen und da er den Umfang seines Wagenrades kannte, konnte er die Wegstrecke errechnen. Damit hatte er die Idee des Kilometerzählers praktiziert, der heute in jedem Auto ein wichtiges Messgerät zur Ablesung der gefahrenen Kilometer ist und zur Feststellung der Geschwindigkeit, die man gerade fährt. Alle heutigen Entfernungsangaben auf Straßenschildern sind auf diese Weise praktisch ermittelt worden und dienen der Herstellung genauer Landkarten. Das aber genügte der Militärverwaltung nicht, denn die Artillerie benötigte Entfernungen von Ort zu Ort per Luftlinie und das war nur mit Hilfe des Lichtstrahles zu lösen. Erwähnenswert ist auch Gemma Frisius, der eine Basisstrecke zwischen den zwei Kirchtürmen von Brüssel und Antwerpen legte. Über ein Visierlineal an einer in Grade eingeteilten Kreisscheibe, ähnlich einem Quadranten, wurden weitere Punkte angepeilt. Wichtig war dabei, dass diese Kreisscheibe mit Hilfe eines Kompasses genau nach Norden orientiert war. Die Schnittpunkte der auf der Zeichenunterlage aufgetragenen Richtungen wurden graphisch bestimmt. Von den so erhaltenen Punkten wurde das Verfahren in
gleicher Weise weitergeführt. Es besteht also in einem „Vorwärtsabschneiden" neuer Messpunkte. Dieses Verfahren leidet aber darunter, dass die Länge der Basisstrecke nicht bekannt ist. Denn die Entfernung zwischen Brüssel und Antwerpen war nicht bekannt und wurde von Gemma Frisius rein theoretisch vorausgesetzt. Die Entdeckung der Triangulation durch den niederländischen Mathematiker, Astronomen und Kartographen Willibrod Snell befreite von der bisherigen angenäherten oder ungenauen direkten Streckenmessung. Ihn faszinierte die Methode, den Ort eines Punktes auf der Erdoberfläche durch Berechnung der Seiten eines Dreiecks und die Messung der Winkel genau bestimmen zu können Damit konnte er (1618) die Erdvermessung endlich von der direkten und sehr schwierigen Streckenvermessung und allen auf reinen Sinneswahrnehmungen (natürlich außer dem Sehsinn) beruhenden Methoden unabhängig machen.


Dabei entstand sozusagen als Nebenprodukt die originelle Methode der Triangulation, die bis auf den heutigen Tag, zusätzlich der Verfeinerungen durch Gauß und andere, zur exakten Vermessung der Größe des Erdkörpers angewendet wird. Aber noch immer fehlte die wirkliche Messung, die dieser Methode die Messbasis gab. Also maß er wirklich ein kleines Stück von einigen Metern sehr genau, gebildet aus einer doppelten Rei-he speziell angefertigter Holzlatten, die er gegeneinander verschob. (Abb.5.3) Mit Hilfe der Triangulation legte Snell ein Netz von Dreiecken aus und konnte so die Strecken berechnen. Bei der Württembergischen Landesaufnahme (1624-1635), die durch die Initiative des Tübinger Orientalisten und Mathematikers W. Schickard zustande kam, wurde genau nach der Snellschen Methode das trigonometrische Netz aufgebaut. Allerdings wurde als wirklich gemessene Basis eine Strecke von 3900 Fuß Länge nahe des Neckars direkt gemessen und dann nach dem Verfahren der Basisvergrößerung weiter verwendet. Die Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges und der Tod Schickard's stoppten dieses Unternehmen. Das erste große Vermessungsprojekt unternahm Frankreich 1671 unter Leitung des Astronomen Picard, der das Fadenkreuz im Femrohr einbauen ließ, das anfangs des 16. Jahrhunderts erfunden und eingeführt wurde.

Nach dem Vorbild Frankreichs wurden bald fast alle europäischen Länder, die gut verwaltet waren, vorwiegend aus militärischen Gründen planmäßig vermessen und aufgenommen. Die echte Weiterführung der Methode der Triangulation, sowie die Weiterentwicklung der Theodoliten und der Feinmechanik an diesem Gerät hatten viel mit dem berühmten Mathematiker und Praktiker Gauß zu tun. Er leitete in Bezug auf Genauigkeit und tiefschürfendes Denken eine neue Epoche in der Wissenschaft ein. Das von ihm konzeptuell Entwickelte ging weit über seine Zeit hinaus. Er war es auch, der sich mit der sogenannten Referenzfläche der Himmelssphäre (der optischen Vergrößerung


der Himmelssphäre von der Himmelsmitte zum Horizont hin)10 Jahre lang befasste, aber die Ursache nicht finden konnte, weil das Heliozentrische Weltbild, an das er durch die Mathematik gebunden war, ihm den Blick für die Problemlösung nicht freigab.



Und wie misst man die Winkel der Dreiecke?


Dazu benutzt man einen Theodoliten. Man richtet das Fernrohr mit dem Fadenkreuz genau in den Scheitelpunkt des einen Objekts und liest den Winkelgrad auf dem Horizontalkreis ab. Dann stellt man das Femrohr auf das zweite Objekt ein, liest wieder die Winkel ab und hat in der Differenz beider Ablesungen den gesuchten Winkel. Dies ist


der Horizontalwinkel zwischen den beiden Objekten, also der Winkel zwischen den Punkten auf der Ebene, der durch den Horizontalkreis des Theodoliten festgelegt ist. Die Tatsache, dass man mit einem Theodoliten immer Horizontalkreise misst, zeichnet dieses Gerät aus. Misst man eine schräge Linie hoch zum Turm, eine gerade Horizontale zum Fuß des Turmes und die Höhe des Turmes, so wird damit ein vertikales Dreieck gebildet, also nicht liegend in der Horizontalen.

Das Problem, dass der Winkel zwischen den schrägen Linien nicht der gleiche ist, wie der zwischen den Horizontalen, muss wegen des geringen Fehlers nicht beachtet werden. In allen Messungen sind natürlich viele Fehlerquellen verborgen, die aber ausgeglichen werden können, wenn man sie erkennt. Heute hat der technisch sehr hoch entwickelte Theodolit zusätzlich zum Horizontalkreis noch einen Vertikalkreis zum Messen von Höhenwinkeln.



Kann man mit einem solchen Präzisionstheodoliten den Krümmungssinn der Erdoberfläche messen?


Prof. Dr.Ing. Hohenner zeigt in seinem Werk „Geodäsie" Leipzig 1910 auf Seite 249 die Abbildung Nr. 13, aus der ersichtlich ist, was beim Anvisieren von Ort A nach Ort B geschieht. Der Theodolit zeigt den Ort B bei B'. Da der Lichtstrahl in der Regel als mit der geraden Linie identisch angenommen wird, muss sich der Lichtstrahl in diesem Fall krümmen, wenn man von einer konvexen Krümmung der Erdoberfläche ausgeht. Als Ursache wird dann angenommen, dass der Lichtstrahl bei seinem Lauf durch verschieden dichte Luftschichten gekrümmt oder gebrochen wird. Man nennt eine solche Strahlenbrechung oder Beugung Refraktion. Das ist eine berechtigte Annahme, aber durch nichts bewiesen. Es ist eine Erklärung, wie es sein könnte; wenn man die weitere Annähme hinzufügt, dass die Erdoberfläche wie bei einer Vollkugel konvex gekrümmt ist. So ergibt sich ein gewisser konstanter Wert, bezogen auf die Distanz, den man auf Grund der Erfahrung gefunden hat. Mit exakter Messung hat das alles aber nichts zu tun und gibt keine Antwort auf die Frage, ob die Erdoberfläche konkav oder konvex gewölbt ist.


Auf Seite 249 - 250 seines Buches „Geodäsie" gibt Prof. Dr. Ing. Hohenner folgende weitere wichtigen Informationen: „Für gewöhnlich darf erfahrungsgemäß die Lichtkurve A-B als Kreisbogen mit dem Radius Ri = R/k verstanden werden. Unter k ist die sogenannte Refraktionskonstante und R der Erdradius zu verstehen. Die auf Seite 250 seines Buches abgedruckte Tabelle zeigt den Wert K (0,13). Die Korrektur beträgt danach für eine Strecke von

500 m = 0,017 m
1000 m = 0,068 m
2000 m = 0,272 m 5000 m = 1,705 m
10000 m = 6,820 m
20000 m = 27,200 m

Professor Dr. Ing.Hohenner gibt die Berechnungsformeln für die „Trigonometrische Höhenberechnung mit Berücksichtigung der Erdkrümmung und Strahlenbrechung" an und sagt am Schluss mit dankenswerter Kürze und Klarheit: Die Strahlenbrechung wirkt also der (konvexen) Erdkrümmung entgegen.

Das bedeutet, dass lediglich die Annahme einer Lichtbrechung (Refraktion) gegenüber der gedachten Gerade fast genau die Differenzen wie die angenommene konvexe Erdkrümmung ergibt. Somit ist klar, dass die ganze Berechnung auf zwei Annahmen beruht, auf der konvexen Erdvollkugel und der Refraktion. Damit ist die Berechnung lediglich eine brauchbare mathematische Interpolation.
Sieht man sich vom nun gewonnenen Standpunkt nochmals die Abbildung 14 an, so wird deutlich, dass die Visierlinie, die über den anvisierten Ort hoch hinaus zu gehen scheint und zwar ebensoviel wie die Senkung der gedachten konvexen Erdoberfläche einer Vollkugel nach der Gauß'schen Konstante (K) betragen würde.
Liegt der anvisierte Ort B aber auf der Erdoberfläche einer Hohlkugel, so liegt er, um den doppelten Wert höher. Um hier eine richtige Aussage machen zu können, müssten
die Messresultate bewertet werden und endlich eine Refraktionstheorie entwickelt werden, die sich an der mechanisch gebildeten Geraden beweisen muss.

Die ungenauen Angaben, die z.B. von Prof.Dr. Wünschmann in seinem „Handbuch der physikalischen Optik"(Leipzig 1927) kritisiert werden und mittels des Wertes (K) korrigiert werden müssen, veranlassten ihn zu der Feststellung: (Seite 279): „Der Krüm-mungsradius des Lichtstrahls ist gewöhnlich kleiner als der Erdradius, während er im Falle der allgemeinen Strahlenbrechung das sieben- bis achtfache beträgt."

Dass trotzdem in der Horizontalen exakte Ergebnisse erzielt werden können, liegt daran, dass man die Fehler erkennen und korrigieren kann und vor allem daran, dass man kurze Strecken vermisst, bei denen der Wert (K) gering ist im Vergleich zu langen Strecken. Diese Tatsache zeigt eine Möglichkeit auf, mit vielen solcher kurzen Strecken eine lange Strecke zu vermessen und mit dem Ergebnis der Langstreckenmessung zu vergleichen. Die hier auftretenden Differenzen würden, wenn man Interpolationen erst einmal unterlässt, gewiss interessante Aufschlüsse geben, die gemäß der klassischen Erdwölbungsmessung U.G. Morrows zu erwarten wären.
Leider sind Messungen mit Hilfe mechanischer Messinstrumente sehr zeitaufwendig und darum sehr teuer. Ohne Sponsoren wäre es schon im vorigen Jahrhundert nicht möglich gewesen, die vielen Licht- und Äther-Messungsversuche durchzuführen, die schließlich mangels Geld in den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts unterbrochen wurden, weil wiederum ein Krieg den kulturellen Fortschritt behinderte.

Damit ist obige Hauptfrage beantwortet und die Antwort lautet, dass mit Hilfe des Präzisionstheodoliten keine konvexe oder konkave Krümmung der Erdoberfläche gemessen wurde. Mit Hilfe der Lichtstrahlen war das nicht möglich; denn die Geodäsie erbrachte den Beweis, dass es keine geradlinige Lichtausbreitung gibt. Was bis heute fehlt, ist eine mit den Fakten übereinstimmende Refraktions - Theorie. Man könnte mindestens in einer Reihe von Versuchen in Fragen der Refraktion des Lichtes Ergebnisse erzielen und diese versuchsweise einsetzen, aber die Hauptfrage bleibt leider immer, wer diese Versuche durchführen will oder soll und zu welchem Zweck, sowie wer die Ergebnisse bearbeitet und sichert und wer das bezahlt.









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